Fachbeitrag | Firma Klinger

Dipl.-Ing. Norbert Weimer Unternehmensleitung - Geschäftsbereichsleiter Dichtungsplatten

Neue Konformitäten und Zulassungen für die Trinkwasserdichtung nach KTW-BWGL 

Mit der KTW-BWGL ist eine neue Regelung in Kraft getreten, die den Umgang mit Dichtungsmaterialien im Trinkwasser stark beeinflusst. Die Auswirkungen speziell auf die häufig verwendeten Dichtungsmaterialien auf Faserbasis (FA) sowie die sich ergebenden Konsequenzen für den Einsatz in der Praxis sind enorm. Zum Beispiel dürfen die Hersteller von FA-Dichtungsplatten ihre bisherigen Rezepturen für Produkte, die für die Trinkwasseranwendung gedacht waren, in diesem Anwendungsbereich nicht mehr verwenden. Die KLINGER-Gruppe bietet mit ihren Flachdichtungen auf Basis von Fasern eine Möglichkeit, um auf die neuen Herausforderungen zu reagieren.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat Anforderungen an unterschiedlichste Bauteile im Bereich der Trinkwasserversorgung aufgestellt. Im Bereich der Faserweichstoffdichtungen ist die KTW-BWGL (Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser) maßgebend. Produkte und Bauteile aus organischen Materialien werden in Bezug auf die eingesetzten Ausgangsstoffe (Vormaterialien) und deren Stoffübergang ins Trinkwasser bewertet.
In der Positivliste des UBA sind die Rohstoffe gelistet, die zur Herstellung von Elastomeren im Kontakt mit Trinkwasser verwendet werden dürfen. Diese Liste gilt auch für die mit Elastomeren gebundenen faserverstärkten Dichtungsplatten (FA - Dichtungsplatten auf Basis von Fasern). In der Liste sind im Teil 1 die vollständig bewerteten Stoffe aufgeführt (Monomere, Füllstoffe, Weichmacher, Alterungsschutzmittel, Verarbeitungs-Hilfsstoffe, Vernetzungsmittel, etc.). Die Positivliste Teil 2 listet nicht vollständig bewertete Stoffe auf. Die Verwendung dieser teilbewerteten Stoffe wurde nur bis zum 31. Dezember 2021 akzeptiert.
Eine Übergangsfrist gibt noch etwas Zeit, aber die Umstellung auf neue Dichtungsmaterialien, die nur noch aus vollständig bewerteten Stoffen bestehen, ist unausweichlich.

Die Lieferkette muss reagieren

Für die Hersteller von FA-Dichtungsplatten bedeutet diese Situation, dass die bisherigen Rezepturen für Produkte, die für die Trinkwasseranwendung gedacht waren, in diesem Anwendungsbereich nicht mehr verwendet werden dürfen. Dabei ist es schmerzlich, dass die bisher gewohnte Anwen-dungsbreite auf Grund der Beschneidung der möglichen Zutaten nicht mehr gewährleistet ist. Dies trifft insbesondere auch die Weiterverarbeiter, wie Stanzer und Technische Händler, die sich hinsichtlich der Ausnutzung der Dich-tungsplatten beim Stanzen und bezüglich der Lagerhaltung für verschiedene Einsatzgebiete (z.B. Trinkwasser, Gas, Temperaturbereiche etc.) neu einrichten müssen (Lagerhaltung und Kalkulation).
Ebenso könnte es für Armaturen- Pumpen- und Gerätehersteller ein Problem werden, wenn in der Produktion eine Zuordnung verschiedener Dichtungswerkstoffe zu verschiedenen Anwendungsbereichen nicht machbar (Bsp.: Heizgeräte mit Dichtungen für Gas sowie Heiz- und Trinkwasser) und die„Eine für Alles - Dichtung" nicht mehr erhältlich ist. Trotz der Übergangsregelung führt dies alles dazu, dass sich Anwender und auch die Lieferkette frühzeitig um eine gut funktionierende Alternative kümmern sollten. Hier bietet die KLINGER-Gruppe nun eine Möglichkeit, dieses Problem abzumildern.

Tabelle1:

Merkmal

Bedingungen

einheit

Klingersil c-4400

klingersil c-4240

Kompressibilität

ASTM F 36 J

%

11

10

Rückfederung

ASTM F 36 J

%

55

45

Drucksandfestigkeit DIN 52913

50 MPa, 16h/175°C

MPa

37

35

Standfestigkeit nach KLINGER 50 MPa

Dickenabnahme bei 23°C

%

10

10

Standfestigkeit nach KLINGER 50 MPa

Dickenabnahme bei 200°C

%

10

15

Dichtheit

DIN 28090-2

mg/(s x m)

0,02

0,01

Dickenquellung ASTM F 146

ÖL IRM 903: 5h/150°C

%

3

5

Dickenquellung ASTM F 146

Kraftstoff B: 5h/23°C

%

5

10

Dichte

DIN 28090-2

g/cm3

1,6

1,75

Flachdichtungen auf Basis von Fasern

Der Dichtungstyp FA (Dichtungswerkstoffe auf Basis von Fasern) wird häufig in Trinkwassersystemen eingesetzt. Er ist auf Grund des Bindemittels (Elastomer) hauptsächlich durch die neue Regelung KTW-BWGL betroffen. Einerseits ist er für den Trinkwasserbereich die Standard-Dichtung, andererseits finden sich hier die größten Eingriffe in die mögliche Rohstoff-Auswahl. Die Reduzierung der erlaubten Zutaten für den Produktionsprozess ist so groß, dass der Walz- und Vulkanisierungsvorgang höchstes Knowhow erfordert, um überhaupt eine Dichtungsplatte unter diesen Bedingungen herstellen zu können. Laut Angaben von KLINGER hat das Unternehmen mit seiner Dichtung KLINGERSIL C-4240 aktuell das einzige verfügbare Produkt im Markt, das den Anforderungen der KTW-BWGL entspricht (Bild1).

Bild 1: Hersteller von FA-Dichtungsplatten müssen ihre bisherigen Rezepturen für Produkte, die für die Trinkwasseranwendung gedacht waren, umstellen — so auch die Flachdichtungen der KLINGER-Gruppe.

Zuverlässigkeit ist auch in der Montage wichtig

In der TrinkwasserInstallation finden sich zwei unterschiedliche Anwendungsfelder. Für das eine Feld steht der Monteur, der mit seinem Werkstattwagen seine Kunden besucht. Vor Ort muss er unter oft widrigen Bedingungen Bauteile austauschen oder neu montieren und mit seiner Erfahrung und Qualifikation für das Handwerk stehen.
Das andere Anwendungsfeld ist die industrielle Fertigung von zusammengesetzten Bauteilen und Geräten vom Wasserfilter über die Armatur oder Pumpe bis zum Heizgerät. Hier sind exakte Montagebedingungen und hohe Wiederholgenauigkeit von Montageprozessen zu erwarten.
Das Dichtungsmaterial muss also eine gleichbleibende Qualität besitzen, um eine industrielle Fertigung mit immer gleichem Verhalten zu sichern. Zusätzlich muss es einen breiten Anwendungsbereich haben, um auch manuelles montieren unter unterschiedlichen Bedingungen zu ermöglichen.
KLINGER hat mit dem Produkt KLINGERSIL C-4240 eine Dichtungsplatte entwickelt, die hinsichtlich ihres Verhaltens den' bisherigen Dichtungsmaterialien von KLINGER sehr ähnlich ist. Gerade dieses Verhalten macht es dem Anwender möglich, ohne spezielle Umstellungen das neue Dichtungsmaterial einsetzen zu können. Das Pressungsverhalten und die Stabilität sind so, wie es sich der Anwender wünscht. Ein Vergleich mit dem bisherigen KLINGERSIL C-4400 macht dies deutlich (Tabelle 1).
Obwohl es auf Grund der extrem reduzierten Vernetzungschemie schwierig ist, ein gut vulkanisiertes Produkt zu erzeugen, zeigt sich ein gutes Ergebnis. Sieht man sich die Kurve der Druckstandfestigkeit nach DIN 52913 an, so erkennt man wie stabil das Verhalten des Dichtungsmaterials ist: Der Anpassungsvorgang an die aufgebrachte Presskraft dauert nur etwa so lange, bis die Prüftemperatur erreicht ist, danach steht das Material stabil über die gesamte restliche Prüfdauer (Bild2).
Auch die Stauchkurve nach EN 13555 zeigt einen gleichförmigen Verformungsverlauf ohne „Crashpoint" bis zu 200 MPa Grenzbelastung. Eine Belastbarkeit von 200 MPa bei Raumtemperatur ohne Zerstörung sagt einem Laien erst einmal nichts. Das Beispiel, eine 3/4" Dichtung mit den Abmaßen 24 x 16 mm mit 5 Tonnen Gewicht belasten zu können, gibt einen besseren Eindruck von der Leistungsfähigkeit (Bild3).

Welche Zulassungen und Zertifikate bietet das neue Dichtungsmaterial

In den letzten Jahren ist es sehr zeitraubend geworden, bei Instituten und Organisationen die Dichtungsmaterialien prüfen zu lassen und entsprechende Zertifikate zu erhalten. Daher stehen diese Informationen bei einem neuen Produkt nur nach und nach zur Verfügung. Nachdem die trinkwasserhygienische Beurteilung nach der Elastomerleitlinie und dem DVGW-Arbeitsblatt W 270 im Jahr 2021 abgeschlossen wurde, konnte KLINGER im Jahr 2022 auch den Nachweis zur Dichtheit für den Einsatz in Gasanwendungen führen. Das DIN-DVGW-Baumusterprüfzertifikat nach DIN 3535-6 für den Einsatz bei Gasanwendungen liegt vor. Nun, wir haben mittlerweile das Jahr 2023, stehen auch die englische Trinkwasserzulassung bei der WRAS und des Statement nach EU 1935/2004 zur Verfügung. Sogar die Konformität zur neugestalteten BfR ist gegeben.
Für Hersteller von Geräten für die Warmwassererzeugung ist dies alles ein gewaltiger Vorteil, denn es ist schwierig, einen Unterschied zwischen Trinkwasserdichtungen und Dichtungen für die gasführenden Teile in der Serienfertigung zu machen. Ebenso hilfreich ist das breite Spektrum an Zulassungen und Konformitäten für den Stanzer und Technischen Händler, der die Dichtungsplatten auf Grund der zusätzlichen Anwendungsmöglichkeiten viel besser ausnutzen kann.

Anwender müssen Umstellungsprozess einleiten

Für den verantwortungsvollen Hersteller und Vertreiber von Armaturen, Pumpen und Geräten im Anwendungsbereich Trinkwasser wird es immer dringender, den Umstellungsprozess auf die amtlich geforderte Dichtungsqualität einzuleiten. Gerade bei industriell produzierten Bauteilen, Geräten und Anlagen muss jetzt gehandelt werden, um den Umstellungsprozess erfolgreich vor dem finalen Datum abgeschlossen zu haben. Auch für neu zu zertifizierende Bauteile und Geräte können mit KLINGERSIL®C-4240 ohne großen Aufwand die notwendigen Nachweise erbracht werden.

Dipl.-Ing. Norbert Weimer

Unternehmensleitung - Geschäftsbereichsleiter Dichtungsplatten

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